Google, Facebook & Co. – noch vor Kurzem gehypt als die neuen Helden, die Messiasse der neuen Welt, die digitalen Weltretter, die die dringend nötige Innovation und wirtschaftlichen Wachstum bringen. Nun, beim diesjährigen World Economic Forum in Davos wurden sie jetzt eher mit Sucht und Unheil, kurz: mit Glücksspielunternehmen gleichgesetzt, die abhängig machen.
Jetzt können Sie sich natürlich hinstellen und fragen: „Zu Recht?“
Ich würde sagen: „Jein …“
Öl ins Feuer
Natürlich finde ich einiges gut, was die Branchenriesen so verzapfen – vom kassenlosen Einkaufen bis hin zur barrierefreien Vernetzung. Als all das neu war und tatsächlich innovativ, haben wir es bestaunt. Hinterfragt wurde zunächst das Wenigste. Wir leben schliesslich in einer modernen Welt, in der sich die Dinge um uns herum rasend schnell entwickeln. Jeder möchte ein Teil dieser Welt sein, ungeachtet möglicher Konsequenzen, die wir erst auf lange Sicht überschauen können. Das ist bei den digitalen Datenbanken ähnlich wie bei der künstlichen Intelligenz – wenn wir in der Lage sind, sie richtig einzusetzen, weisen sie unbestreitbar den einen oder anderen positiven Aspekt auf. Auf dem aktuellen Stand hingegen sei ein positiver Aspekt noch dahingestellt – bei der Datensammlung wie auch der künstlichen Intelligenz …
Inzwischen betrachte auch ich diese zentralistischen Systeme und Organisationen wie Google und Facebook nicht mehr ausschliesslich unter den Gesichtspunkten Innovation und Fortschritt, sondern lasse auch ein kritisches, skeptisches Auge über sie wandern. Denn eines ist klar: Daten sind das neue Öl. Allerdings mit der Besonderheit, dass diese Daten faktisch manipuliert werden können. Die Macht liegt bei wenigen – und zwar bei eben jenen zentralisierten Organisationen, welchen wir unsere Daten bei jedem Klick im Netz übermitteln. Und dort wird diese Macht nicht nur genutzt, sondern – wenn wir ehrlich sind – ausgenutzt! Da wird es brandgefährlich. Denn so, wie ich fragen kann, wem die natürlichen Ressourcen der Welt gehören, frage ich auch: „Wem gehören die Daten?“ Und schlussendlich: „Wer hat die Macht?“
Wer die Wahl hat …
Viele – genauer: das Gros unserer Gesellschaft – begeben sich auf diese Weise in die unmittelbare Abhängigkeit von wenigen. Ich persönlich gehe im Netz relativ locker mit meinen Daten um, leide nicht wie manch anderer an einer Art von Verfolgungswahn. Allerdings wird mir durchaus auch anders, wenn ich genauer darüber nachdenke, wer mit meinen Daten was anstellen könnte … Wenn Sie jetzt sagen: „Du hast doch aber die freie Wahl, ob du deine Daten weitergibst oder nicht,“ kann ich nur sagen: Klar, ich akzeptiere mit jedem Klick, dass meine Daten nicht mehr allein mir gehören – aber habe ich wirklich die Wahl?
Ich als Nutzer habe schliesslich oft keinen Einfluss darauf, wofür meine Daten genutzt oder welche Daten wie lang und für welchen Zweck gespeichert werden. Häufig muss ich zwangsläufig mein Häkchen setzen und damit mein Einverständnis geben, dass meine Angaben an Dritte weitergegeben werden, nur um mir ein neues Paar Schuhe zu kaufen oder den nächsten Surfurlaub zu buchen. Die Frage ist somit nicht, ob ich meine Daten preisgebe, sondern: Was passiert, wenn ich es nicht tue?
Who benefits?
Wer Geld und Macht hat, ist der Meinung, dass er über den anderen steht – ich nehme mich da gar nicht raus, denn ich kann für mich auch nicht die Hand ins Feuer legen, kann nicht sagen, wie ich damit umgehen würde, wenn ich Milliardär wäre. Doch ich bin es nicht – wie der Grossteil unserer Gesellschaft ebenfalls. Insofern muss ich persönlich schon wahnsinnig weit entwickelt sein, um im gegeben Fall Macht nicht zu missbrauchen. Denn: Bin ich nicht im Endeffekt immer gezwungen, meine Daten an x-beliebigen Stellen „abzugeben“, um nicht als Aussenseiter dazustehen und nicht von den anderen abgehängt zu werden? Diese angebliche Wahl ist somit also nur eine scheinbare Wahl mit vorgefertigtem Ausgang.
Die Frage, die am Ende ist und bleibt: Who benefits? Und das sind dann wieder die Branchenriesen, die die Weltressourcen an Daten für sich beanspruchen und nutzen. Sie erinnern sich: Wer Macht und Geld hat … Schliesslich ist das eigene Hemd immer am nächsten, der eigene Vorteil entscheidend.