Wenn ich mit Freunden, Bekannten, Businesspartnern über Digitalisierung spreche, dann konzentrieren sich diese meist auf das gewohnte Bild: künstliche Intelligenz, Roboter, Kryptowährung … Kurz: ganz viele neue Technologien.
Kein Wunder also, dass Unternehmen auf der ganzen Welt immer mehr auf junge Mitarbeiter setzen. Schliesslich sind diese ja quasi schon digital verdrahtet und mit den Fingern an der PC-Tastatur auf die Welt gekommen.
Na ja, falsch gedacht. Und vor allem sehr kurzfristig …
Teurer Denkfehler
Denn die Digitalisierung oder die digitale Transformation hat viel weniger mit Technik zu tun, als die meisten glauben. Vielmehr beansprucht sie ein sehr strategisches Denken: Welche Veränderungen bringt sie für mein Geschäftsmodell? Welchen Impact hat sie für mein Business? Wenn Sie diesen Blick auf die Strategie vernachlässigen, kann das wirklich teuer werden.
Diese Erfahrung musste die Pharmaindustrie in der Schweiz vor einiger Zeit durchleben: Unternehmen schickten ihre älteren Mitarbeiter reihenweise in die Frührente, weil diese aufgrund der Sozialabgaben zu teuer wurden. Und die Industrie in der neuen, schnellen Welt auf neues Wissen setzte. Nur kurze Zeit später allerdings mussten Chefs und Führungskräfte feststellen, dass sie enorm viel Erfahrung und Netzwerk nach Hause geschickt hatten. Die logische Konsequenz: Sie holten einige ältere Personen zurück ins Unternehmen und stellten zusätzlich externe Consultants ein. Für das doppelte Geld.
Im Mix liegt die Kraft
Wie so viele andere Unternehmen hatte die Schweizer Pharma strategisch also viel zu kurzfristig gedacht. Und nur auf den Hype des Neuen reagiert. Die Digitalisierung hat sehr viel mehr mit Mindset und Strategie zu tun. Und Strategie ist an die Fähigkeit geknüpft, strategisch denken und handeln zu können. Was Unternehmen also für die digitale Transformation benötigen, ist ein gesunder Mix, eine gute Balance aus Erfahrung und Know-how.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich sage nicht, dass junge Menschen per se nicht strategisch denken. Keinesfalls. Doch obwohl strategisches Denken nicht an ein bestimmtes Alter oder eine Altersgrenze gebunden ist, entwickelt es sich doch mit der Erfahrung.
Ich begleite derzeit ein Unternehmen im Transformationsprozess, dessen Durchschnittsalter bei 32 Jahren liegt. Obwohl sie ausschliesslich mit neuen 3D-Technologien arbeiten, liegt ihnen nun daran, neue ältere Mitarbeiter einzustellen. Weil sie merken, dass sie neben dem neuen Wissen auch die Erfahrung benötigen.
Forever young
Wenn ich meine 15-jährige Tochter frage, was „alt“ für sie bedeutet, antwortet sie: „40“. Ich bin jetzt 55, gehöre also in ihren und in den Augen vieler anderer zum alten Eisen, das vielerorts ausgemustert würde. Aber ich bin noch voll im Saft. Ich hätte zum einen keine Lust, in Rente zu gehen, und kann zum anderen noch einen wahnsinnig grossen Beitrag leisten.
Wenn Sie sich mal umschauen, erkennen Sie schnell: 50 ist ohnehin das neue 30. Die meisten Menschen leben heute derart gesund und aktiv, dass sie länger leistungsfähiger sind, als das noch vor 20 Jahren der Fall war. Deshalb ist es für mich umso erfreulicher, wenn ich sehe, dass bereits vereinzelte Unternehmen versuchen, ihren Altersdurchschnitt zu erhöhen. Und damit endlich wieder die Erfahrung zulassen, die sie für die Digitalisierung benötigen.
Und wenn Sie mehr über das Mindset erfahren möchten, dem die Gewinner der digitalen Transformation ihren Erfolg verdanken, werfen Sie doch mal einen Blick in mein neues Buch „Wer sich festhält, kann den Ball nicht fangen“.