Hop oder top. Ja oder nein. Schwarz oder weiss. Wieder einmal stand im Verwaltungsrat eine wichtige Entscheidung an: „Sollen wir in diesen neuen Markt investieren?“
Der grosse Tisch im Konferenzraum war übersät mit Blättern: Tabellen, Diagrammen, Grafiken. Die Fakten lagen offen – nun galt es, eine Entscheidung zu treffen. Über Wochen hatten verschiedene Teams Zahlen analysiert, Prognosen erstellt, Szenarien berechnet. Das Ergebnis war eindeutig, die Fakten sprachen klar für die Investition in einen neuen Markt.
Damit war die Entscheidung getroffen – oder doch nicht?
Die Fakten sagen „ja“, die Intuition „nein“
Ich konnte mir nicht helfen. Irgendetwas hinderte mich daran, mich eindeutig für die Markterschliessung auszusprechen. Kein harter Fakt, sondern eher ein diffuses Gefühl. Mein Bauchgefühl, meine Intuition machte sich bemerkbar. Und deshalb blickte ich in die erstaunten Gesichter meiner Kollegen, als ich fragte: „Die Fakten sagen ‚ja‘, mein Bauchgefühl sagt ‚nein‘ – wem geht das auch so? Haben wir an etwas nicht gedacht?“
Dass ich bei Entscheidungen meinen Bauch einbeziehe, ist mir sehr wichtig. Denn: Der Verstand ist ein starkes Tool, keine Frage. Er verarbeitet die bewussten Informationen, erfasst Daten und Fakten. Aber irgendwann stösst auch der Verstand an seine Kapazitätsgrenzen. Die allermeisten Informationen, die jeden Tag, jede Minute und jede Sekunde auf uns einprasseln, nehmen wir unbewusst wahr. Durch unsere Sinne. Durch unsere Fähigkeiten, Emotionen wahrzunehmen. Durch unsere Intuition.
Das ist Fakt, oder?
Wenn ich eine weitreichende Entscheidung treffe, möchte ich die auf der Grundlage möglichst vieler Informationen treffen. Deshalb versuche ich, auch die unbewussten Informationen in diesen Entscheidungsprozess einfliessen zu lassen.
Welches Gefühl hatten Sie bei Ihren letzten Entscheidungen? Ich bin davon überzeugt: Wenn Sie auf Ihr Bauchgefühl hören, wenn Sie ihm mehr Platz am Tisch einräumen, treffen Sie sehr häufig die richtige Wahl.
Nicht nur auf den Verstand zu hören, sondern auch das Herz und den Bauch einzubeziehen, ist für mich eine entscheidende Zukunftskompetenz. In Zeiten von Fake News und Manipulation wird es immer schwieriger, objektive Fakten als solche auch zu erkennen. Umso wichtiger ist ein gesunder Menschenverstand, der Sie auch mal an vermeintlichen Wahrheiten zweifeln lässt.
In Deckung!
Mir ist natürlich auch klar, dass es gerade im Businesskontext nicht gerade easy ist, sich gegen die Daten und für die Intuition zu entscheiden. Wer rein nach Faktenlage entscheidet, hat selbst wenn es schiefgeht, eine gute Rechtfertigungsgrundlage. „I have to cover my ass!“ Aber die Entscheidung ist dann halt immer noch falsch, da nützt die Rechtfertigung auch nicht mehr viel.
Wer umgekehrt aufgrund von einem diffusen Bauchgefühl entschieden hat – und es geht doch mal schief –, kommt in einen Erklärungsnotstand. Doch aus Sorge davor auf die Intuition als wertvolle Entscheidungshilfe verzichten? Das ist nicht mein Weg.
Ich sehe das so: Ja, die Intuition mit an den Verhandlungstisch zu nehmen, erfordert Mut. Aber ich trage Verantwortung für meine Entscheidungen und mein Leben. Nur, wenn ich für mich bestmöglich abwäge, werde ich dieser Verantwortung gerecht. Und dabei ist meine Intuition unverzichtbar.
Ihr Markus Hotz