„Wie sieht es bei Ihnen im Unternehmen und in Ihrem Leben mit der psychologischen Sicherheit aus?“ Eine Frage, die lange im Schatten eines Denkens lag, das auf Command and Control, auf Druck und Steuerung setzte. Eine Frage, für die ich, wenn ich sie vor Jahren Unternehmern und Entscheidern im Businesskontext gestellt habe, hochgezogene Augenbrauen und Schulterzucken geerntet habe. Ehrlichkeit und Offenheit? Empathie? Intuition? Respekt? Weiche Faktoren, die für eine Kultur der Sicherheit sorgen? Ein Mindset, das nicht aufs Ego, sondern auf Kooperation setzt? Damit brauchten Sie Führungskräften lange nicht kommen. Und heute?
Mein Eindruck ist: Es gibt Signale eines Umdenkens. Immer häufiger erkennen Entscheider, wie wichtig für die Zukunft ihres Unternehmens ein Umfeld ist, in dem psychologische Sicherheit herrscht. Das ist ein Trend, den ich nach Kräften unterstütze. Eine gute Entwicklung, die aber in Gefahr ist, bereits im Keim erstickt zu werden …
Psychologische Sicherheit in Gefahr
Denn es gibt starke gegenläufige Trends. In meinen folgenden Blogs nehme ich einige zentrale Aspekte (zum Beispiel den Trend zur Polarisierung) in den Fokus, welche es schwer machen, für psychologische Sicherheit zu sorgen.
Sehr bedrohlich finde ich den aktuellen Trend, wie stark die Verbindlichkeit verloren geht. „Ist ein Wort noch ein Wort?“ – leider oft nicht mehr. Diese Erfahrung wird mir immer häufiger zugetragen. Da werden Absprachen ignoriert, Zusagen über einen vereinbarten Zeitrahmen nicht verbindlich eingehalten. Der gesellschaftliche Zusammenhalt verliert an Verbindlichkeit. Die Politik tut ihr Übriges dazu. So entsteht ein Klima der Unsicherheit, weil es schwieriger wird, sich auf sein Gegenüber zu verlassen.
Mein Eindruck ist: Der Druck, der sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, schwemmt nun Dinge an die Oberfläche, die nicht gut sind. Das macht vielen Unternehmen und Menschen zu schaffen. Andererseits ist dies aber auch gut, weil hier so manche Entwicklung, die im Verborgenen gewuchert ist, nun sichtbar wird. Und was sichtbar ist, das können Sie bearbeiten, ändern, Sie können umdenken, Dinge auf eine andere Weise zur Sprache bringen. Und deswegen sollten Sie für psychologische Sicherheit in Ihrem Umfeld, in Ihrem Einflussbereich sorgen.
Psychologische Sicherheit und Businesstransformation
Führung ist Haltung. Und somit ist der erste Schritt für Sie, um zu mehr Verbindlichkeit und mehr psychologischer Sicherheit beizutragen, der voranzugehen. Haltung zu zeigen und in einer Welt, die unter Druck die Verbindlichkeit verliert, diese hochzuhalten.
Ein weiterer Schritt ist, gerade mit Blick auf Ihre Führungsteams, im Zuge einer Businesstransformation eine Kultur der Verbindlichkeit in Ihrem Unternehmen herzustellen: Denn Verbindlichkeit entsteht nicht aus dem Nichts. Sie springt nicht wie ein Theaterteufel auf die Bühne Ihres Business.
Verbindlichkeit entsteht, wenn Sie bei sich und Ihrem Führungsteam eine gewisse Entschlossenheit erkennen, die Fähigkeit, Entscheidungen treffen zu können – auch dann, wenn der Druck gross ist. In einer Kultur der Verbindlichkeit, die eben auch ein Umfeld der psychologischen Sicherheit entstehen lässt, ist Raum für Intuition, weil ein solcher Raum zeigt, wie gross das Vertrauen der Menschen in sich selbst und auch ineinander ist. Ein Vertrauen in die eigene Könnerschaft: ernst zu nehmen, was ganz subjektiv wahrgenommen wird, sein eigenes Denken ernst zu nehmen und auf die eigene Souveränität zu pochen. Ernst zu nehmen, wie wichtig es ist, den Dingen einen eigenen Sinn zu geben – und gleichzeitig zu erkennen, dass es die Kraft der Kooperation ist, die souveräne Individuen wirklich wirksam werden lässt.
Verbindlichkeit braucht ein Umfeld, in dem sich die Menschen selbst und einander vertrauen. Ein Umfeld, in dem nicht Druck, sondern Ehrlichkeit, Respekt und Klarheit das Klima bestimmen.
Diese Klarheit ist ein Kernelement von Führung, die auf die Zukunft ausgerichtet ist: Weil sie darauf zielt, mit neuen mentalen Modellen auf eine immer komplexer werdende Welt zu reagieren. Weil sie über das Ego hinausblickt und versteht, dass eine Haltung, die Kooperation ernst nimmt, der Weg ist, auf dem Sie den Erfolg ermöglichen können.
Ihr Markus Hotz